Die Museumsbibliothek freut sich über die Neuerwerbung von
32 Büchern des Schriftstellers und Malers Paul Gurk (1880-1953)
„Wer ist der Autor, der alt ist und jung zugleich? Wer lebte in China und schrieb Dinge von nicht bestehenden Weisen auf? Wer konnte die Sprache der Südseeinseln, ohne sie gelernt zu haben? […] Wer lebt in der Stadt und sieht in ihr doch nur Landschaften und Wolkenbilder? […] Wer also schrieb ‚Serenissimus‘? (Derselbe, der vor zwei Wochen zum ersten Male für ein Aquarell 10 Eier und ein Viertel Butter eintauschte.)“
Diese Fragen stellte die Essener Verlagsanstalt der Leserschaft des 1940 erschienenen Romans „Serenissimus“ im Rahmen eines Preisausschreibens. Erster Preis war ein Originalgemälde des „Maler-Dichters Franz Grau“. Hinter dem Pseudonym verbarg sich Paul Gurk, dessen Leben und Werk eng mit Berlin-Wedding verbunden ist, wo der Künstler lange Zeit lebte und auch seine letzte Ruhestätte fand. Erfreulicherweise konnte die Museumsbibliothek nun 32 Werke des Künstlers – zumeist Erstausgaben – erwerben. Damit konnte der vorhandene Bestand an Paul Gurk-Literatur erheblich erweitert werden.
Paul Gurk war ein Autodidakt, der sich das Schreiben und Malen weitgehend selbst beibrachte. Nachdem er den Besuch der Realschule abgebrochen hatte, arbeitete sich Gurk in verschiedenen Ämtern des Berliner Magistrats vom Bürogehilfen zum städtischen Beamten hoch. Seine wahre Leidenschaft galt jedoch der Kunst: Seine Zeichnungen sind auf den Rückseiten diverser Akten erhalten. Die Verleihung des Kleist-Preises 1921 bedeutete für ihn den Durchbruch als Schriftsteller. Gurk quittierte daraufhin den Dienst, doch der erhoffte Erfolg blieb aus. Die Veröffentlichung der Romane „Serenissimus“, „Gapon sucht den Zaren“ und „Büroassistent Tödtke“ als sogenannte „Wendezeiten-Trilogie“ (1940/41) unter dem Pseudonym Franz Grau und dem damit verbundenen Preisausschreiben war auch der Versuch eines Neuanfangs für den glücklosen Künstler.
Obwohl Paul Gurk über vierzig Dramen und fünfzig Romane geschrieben hat, galt er noch zu Lebzeiten als vergessener Schriftsteller. Sein Grab befindet sich auf dem evangelischen Dom-Friedhof II unweit seiner letzten Wohnung in der Afrikanischen Straße 144b. Während der NS-Diktatur wurde sein Roman „Tresoreinbruch“ 1935 verboten, aber Gurk arrangierte sich mit dem Regime und konnte trotz der Zensur bis zum Kriegsende veröffentlichen. Unter den neu erworbenen Werken für das Mitte Museum befindet sich auch eine seltene Ausgabe der Novelle „Die Traumstadt des Kaisers Kien-Lung“, die als Feldpost-Band erschien. Bei einem Brand nach einem Bombenangriff auf Prag 1943 wurde ein Großteil der Auflage vernichtet.
Das Werk Paul Gurks ist bis heute nicht vollständig wissenschaftlich erschlossen und sein Nachlass umfasst eine große Zahl ungedruckter Romane und Theaterstücke. Noch weniger bekannt sind die vielen Aquarelle und Zeichnungen des Künstlers, von denen sich einige als Teilnachlass in der Sammlung des Mitte Museums befinden. Eine Ausstellung über Paul Gurk, die derzeit im Mitte Museum vorbereitet wird, soll dies ändern.
(Text: Jonas Hartmann)